in puncto dzb lesen - 02 / 2021

02 2021

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

manch einem Erwachsenen fällt es schwer, ein Buch bis zur letzten Seite zu lesen, beispielsweise Menschen, die das Lesen nie richtig gelernt haben, oder alten Menschen, die sich nicht mehr konzentrieren können. Diesen Menschen bietet das dzb lesen seit kurzem Literatur in einfacher Sprache an – zum Hören, aber auch in Brailleschrift und Großdruck. Erfahren Sie mehr über diese Bücher in unserer aktuellen Ausgabe!

Die Brailleschrift und deren Alphabet im Spiel erlernen – das können blinde Kinder mit den farbigen Braille-Steinen der LEGO-Stiftung. Auf den ersten Blick sehen sie wie ganz normale LEGO-Steine aus. Wer genauer hinschaut, erkennt, dass deren Noppen das Sechs-Punkte-System der Brailleschrift abbilden. Buchstaben, Zahlen und Zeichen lassen sich wunderbar ertasten. Lesen Sie, wie das dzb lesen als Partner des internationalen Projektes hilft, die Braille-Steine und das pädagogische Konzept der Stiftung in Deutschland zu verbreiten.

In unserem Porträt stellen wir Ihnen einen langjährigen Mitarbeiter unseres Hauses vor, den sicher viele von Ihnen kennen. Ulrich Jander, arbeitet seit 22 Jahren als Technik-Berater im dzb lesen und geht nun ab Juni in den Ruhestand. Ihn und seine Arbeit zu würdigen, war uns ein Bedürfnis. Lesen Sie im Folgenden, wie Ulrich Jander zum dzb lesen kam, was ihm bei seiner Arbeit am meisten Freude bereitet hat und was er unserem Haus für die Zukunft wünscht.

Soweit einige Empfehlungen für diese Ausgabe! Ich wünsche Ihnen eine informative und unterhaltsame Lektüre! Und kommen Sie gesund durch den Sommer!

Ihre Gabi Schulze
Redakteurin „in puncto dzb lesen“

Im Fokus

„Moby Dick“ in einfacher Sprache

Das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen bietet Bücher in einfacher Sprache in den Formaten Braille-Vollschrift, Großdruck und Hörbuch zum Verkauf oder zur Ausleihe an: Bücher mit einfachen Sätzen, übersichtlichem Layout und geringer Seitenanzahl, aber nicht weniger spannend!
Ein Beitrag von Gabi Schulze

Monika Hohmann (Name geändert – die Red.) hat von diesem Angebot erfahren und leiht sich seitdem im dzb lesen Bücher in einfacher Sprache aus. Sie ist blind, hatte vor fünf Jahren einen Schlaganfall und musste das Lesen wieder ganz neu erlernen. Seitdem fällt es ihr schwer, Bücher in Brailleschrift zu lesen. Doch mit den Büchern in einfacher Sprache kommt sie sehr gut zurecht. Besonders hat ihr der Roman von Gaston Leroux „Phantom der Oper“ gefallen, weil es darin um eine Liebesgeschichte mitten in der Pariser Oper geht.

So wie Monika Hohmann haben etwa 20 Millionen Menschen im Erwachsenenalter in Deutschland Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben. Das sind zum Beispiel Menschen mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche, Erwachsene, die in der Schule nie richtig lesen gelernt haben, Leseanfänger mit einer anderen Muttersprache als Deutsch, alte Menschen, die sich nicht mehr lange konzentrieren können oder Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Einfache, kurze Sätze in Brailleschrift und Großdruck

„Allan und Julius stehen sprachlos vor dem Koffer. Was sie sehen, ist Geld. Nichts als Geld. Der Koffer ist randvoll mit 500-Kronen-Scheinen. Die sind zu kleinen Paketen gebündelt.“ Das ist ein Auszug aus dem Roman „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster sprang und verschwand“ von Jonas Jonasson. Darin geht es um die irrwitzige Lebensgeschichte eines starrköpfigen Mannes, der immer wieder in die großen politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts verwickelt war. Der Spaß am Lesen Verlag hat diesen Roman umgeschrieben, so wie andere Bestseller, Literaturklassiker und preisgekrönte Romane. Bücher mit kurzen Sätzen, einfacher Handlung und ohne Fremdwörter sollen sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern Interesse für das Lesen wecken.

Diese Bücher mit entschlackter Sprache und übersichtlichem Layout in das Brailleschrift-, Großdruck- und Hörbuchformat zu übertragen und dabei immer der Geschichte den Vorrang zu lassen, war eine besondere Herausforderung der Produktion im dzb lesen.

„Ich beschäftige mich schon seit Jahren mit den Themen leichte und einfache Sprache, habe einmal einen Kurs zur Erstellung von Texten in leichter Sprache besucht und lese den Newsletter des Spaß am Lesen Verlags, von dem die Titel kommen, die wir übertragen“, erzählt Anja Lehmann, Korrekturleserin im dzb lesen. „Dort werden ganz unterschiedliche Bücher so gekürzt und umformuliert, dass sie auch von Menschen gelesen werden können, die lange, komplizierte Texte nicht lesen oder verstehen könnten.“ Anja Lehmann hat schon einige Titel in Brailleschrift Korrektur gelesen. Dabei muss sie besonders auf Worterklärungen achten. Schwierige Wörter sind im Original markiert und werden am Ende des Buches definiert. Auch in der Braille-Ausgabe müssen diese Wörter korrekt hervorgehoben sein und die Verweise sollten stimmen. Die Übertragung in Brailleschrift und Großdruck erfolgt zu großen Teilen nach der Vorlage im Schwarzdruck. So werden Absätze durch Leerzeilen gekennzeichnet, nach jedem Satzende erfolgt ein Zeilenumbruch und zusammengesetzte Wörter werden durch einen Bindestrich getrennt. Doch es gibt auch einige Regeln innerhalb des Hauses, da der Schwarzdruck nicht immer einheitlich ist.

Kleine Kunstwerke zum Hören

Einfache Sprache hat keine strengen Kriterien. Wer sich an eine Art Richtlinie hält, sorgt dafür, dass mehr Menschen den Text besser verstehen. Kurze Sätze mit einfachen Worten und aktiven Verben beinhalten nur einen Gedanken. Sprachliche Hürden können auch abgebaut werden, wenn Fremdwörter, Synonyme, Metaphern, Abkürzungen und Negationen vermieden werden.
Als kleines Kunstwerk bezeichnet Aufnahmeleiter Wolfgang Raetsch „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens in einfacher Sprache. Er hat dieses Buch als Hörbuch produziert. „Es ist spannend, wie hier unter Vermeidung von Fremdwörtern und komplizierten Satzkonstruktionen nicht nur der Inhalt, sondern auch der Zauber der ursprünglichen Erzählung weitgehend erhalten bleibt“, sagt er. Neben Klassikern in einfacher Sprache, können auch Unterhaltungsromane und aktuelle Bestseller als Hörbücher ausgeliehen werden. Zurzeit gibt es 43 Titel in einfacher Sprache in der Hörbuch-Ausleihe. Florian Eib, Sprecher im dzb lesen, hat unter anderem „Vollidiot“ von Tommy Jaud, „Moby Dick“ von Herman Melville und „Die Welle“ von Morton Rhue aufgelesen. Sein Favorit ist die spannende Abenteuergeschichte „Moby Dick“, in der es um einen Super-Wal und einige Walfänger geht, die ihn zu jagen versuchen. Die Ich-Erzählperspektive des Matrosen Ismael lädt die Zuhörenden ein, unmittelbarer Teil der Schiffscrew zu sein. „Die Handlung in einfacher Sprache ist sehr übersichtlich gestaltet und aus meiner Sicht sehr gelungen übertragen. Das Original liest sich wesentlich schwieriger“, meint der Sprecher. „Es treten viele Fachbegriffe rund um die Seefahrt auf, die gut erklärt werden. So finden auch alle, die sich nicht mit der Seefahrt auskennen, Zugang und auch ich selbst habe vieles dazugelernt.“ Bei den Lesungen von Büchern in einfacher Sprache achtet er auf ein nicht zu hohes Sprechtempo, bewusst gesetzte Pausen nach kleineren Sinnabschnitten und einen Sprechduktus, der weder monoton noch aufgesetzt wirkt.

Jugendbücher mit altersgerechten Themen

„Die Welle“ ein Jugendbuch von Morton Rhue oder auch „Tschick“ von Wolfgang Herrendorf zählen zu einer Reihe von Büchern in einfacher Sprache, die Jugendliche in Vollschrift und Großdruck lesen oder hören können. Wer von ihnen Leseanfänger oder eine Lese- und Rechtschreibschwäche hat, findet in diesen Büchern seiner Lebenswelt entsprechende Themen und einfache Texte, aber keine simple Erzählweise, die platt wirkt!

Bücher in einfacher Sprache erleichtern das Lesen. Bisher hielt sich die Nachfrage nach dieser Literatur im dzb lesen in Grenzen. Doch wer vom Angebot des dzb lesen erfährt, sollte es nutzen. So wie Monika Hohmann, die sich freut, wieder selbst ein Buch bis zur letzten Seite lesen zu können.

Kurz gemeldet

Tag der offenen Tür findet digital statt

Wir hätten gern zum Tag der offenen Tür in diesem Jahr viele Gäste in unserem Haus empfangen. Wegen der unklaren Entwicklung rund um die Pandemie haben wir uns nun entschlossen, am 11. September keine Veranstaltung vor Ort durchzuführen. Nichtsdestotrotz planen wir rund um diesen Termin digitale Veranstaltungsformate, wie zum Beispiel Lesungen und Workshops, so dass BesucherInnen unser Haus besser kennenlernen können. Seien Sie gespannt – wir werden Sie direkt einladen und informieren.

„Klapperlapapp“ im IBBY-Empfehlungskatalog

Unser taktiles Bilderbuch „Klapperlapapp. Fühl mal, ein Tier!“ von Antje Mönnig gehört zu den zwei Titeln aus Deutschland, die in den Empfehlungskatalog des International Board on Books for Young People (IBBY) aufgenommen wurden. Die Liste „Outstanding Books for Young People with Disabilities 2021“ umfasst eine Auswahl von Büchern aus aller Welt, die sich mit dem Thema Behinderung befassen oder speziell für behinderte Kinder und Jugendliche gestaltet sind. Für die Aufnahme in den Katalog wurden 194 Kinderbücher aus 31 Ländern eingereicht. Welche Bücher es neben den beiden deutschen Titeln noch in den Empfehlungskatalog geschafft haben, gibt die IBBY am 14. Juni 2021 im Rahmen der digitalen Kinderbuchmesse Bologna bekannt.

Zoom-Live-Lesungen im dzb lesen

Zwei Zoom-Live-Veranstaltungen unserer Lesereihe mit Sprecherinnen und Sprechern aus dem dzb lesen stehen noch aus: Am 17. Juni hören Sie Peter Treuner mit Auszügen aus dem Sachbuch „Kumpel und Komplizen: Warum die Natur auf Partnerschaft setzt“ von Volker Arzt. Am 24. Juni liest Jörg-Uwe Schröder aus dem historischen Roman „Die Herrin der Lettern“ von Sophia Langner. Beide Lesungen beginnen 16 Uhr und dauern ca. 45 Minuten. Wer daran teilnehmen möchte, meldet sich bitte per E-Mail info@dzblesen.de mit seinem Namen und dem Datum der gewünschten Lesung bei uns an. Spätestens einen Tag vor der Lesung wird Ihnen per E-Mail ein Zugangslink zur Lesung zugeschickt.

Nachgefragt

„SICHTBAR – Der Podcast“ – ein Herzensprojekt

Florian Eib, Tomke Koop und Peter Lomb von der HörMal Audiodeskription gUG übertragen bei Sport- und Kulturveranstaltungen mit viel Leidenschaft und Herzblut Bildeindrücke in Sprache. Durch Audiodeskription ermöglichen sie blinden und sehbehinderten Menschen, an Kultur- und Sporterlebnissen teilzuhaben und sich mit anderen Kultur- und Sportbegeisterten auszutauschen. 2020 haben sie für ihr Engagement den Sächsischen Inklusionspreis erhalten. Seit Sommer 2020 produzieren die Drei den Podcast SICHTBAR. Auch in diesem Format machen sie Menschen mit Behinderung sichtbar und sprechen über Barrierefreiheit und Inklusion in unserer Gesellschaft. Tomke Koop erzählt im Folgenden, wie der Podcast produziert wird, woher die Ideen dafür kommen und was der Podcast mit dem dzb lesen zu tun hat. Das Interview führte Gabi Schulze.

Von HörMal zu SICHTBAR: Welche Idee steckt hinter eurem Podcast?

  • Der Podcast war lange eines unserer Herzensprojekte, das wir 2020 in die Tat umgesetzt haben. Einerseits, weil Audio-Medien immer relevanter werden und wir damit ein gut zugängliches Angebot für Menschen mit einer Sehbehinderung bereitstellen. Außerdem war es die Idee, ein Medium zu schaffen, das den Themen Behinderung, Inklusion und Barrierefreiheit eine Plattform bietet. Wir finden, dass es für eine soziale Gesellschaft wichtig ist, darüber ins Gespräch zu kommen und möchten mit dem Podcast interessanten Persönlichkeiten, die zum Beispiel selbst eine Behinderung haben und/oder sich in dem Bereich engagieren, Gehör verschaffen.

In Corona-Zeiten sind Podcasts nur so aus dem Boden geschossen: Was ist das Besondere an eurem Podcast? Warum sollte jeder reinhören?

  • Unser Podcast ist sehr vielfältig in der Bandbreite der Themen und auch in der Besetzung unseres Teams. Wir beschränken uns nicht nur auf ein Themenspektrum, wie zum Beispiel Sehbehinderung, sondern suchen bewusst auch nach anderen Podcast-Gästen. Das können Menschen mit anderen Behinderungen sein oder auch Menschen ohne Behinderung, die sich für Barrierefreiheit und Inklusion einsetzen. Man lernt also mit jeder Folge etwas Neues aus einem anderen Bereich dazu und das macht es für unsere Hörerinnen und Hörer und natürlich auch für uns selbst wirklich spannend. Wichtig ist uns dabei, dass wir die Dinge hinterfragen und kritisch sind. Damit verfolgen wir einen journalistischen Anspruch und stellen unsere Qualität sicher. Was auch eine Besonderheit bei uns ist: Wir sind ein Team aus mehreren Podcast-Autorinnen und Autoren. Jeder hat eine eigene Art, die Folgen zu gestalten und das macht es auch für die Hörerinnen und Hörer sehr abwechslungsreich.

Eine blinde Psychologin, der Trainer der Blindenfußball-Mannschaft von St. Pauli, ein Tragschrauber-Pilot … Wie findet ihr eure Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner für die Interviews?

  • Das ist ganz unterschiedlich. Manche unserer Podcast-Gäste haben wir durch unsere Arbeit kennengelernt, andere wurden uns von Hörerinnen und Hörern empfohlen und wieder andere kamen aus unserem Bekanntenkreis. In den meisten Fällen ist es allerdings so, dass wir eine interessante Story lesen oder hören und wir dann auf die Menschen einfach zugehen, ihnen von unserem Podcast erzählen und sie fragen, ob wir sie interviewen dürfen. Bisher hat das immer gut funktioniert.

Woher schöpft ihr eure Ideen?

  • Unsere Ideen kommen uns auf ganz unterschiedliche Weise. Teilweise werden wir von Hörerinnen und Hörern auf Wunschthemen oder auch potenziellen Podcast-Gästen selbst angesprochen. Oft entstehen Ideen, wenn wir interessante Artikel lesen, uns mit anderen Menschen unterhalten und manchmal auch abends im Bett oder unter der Dusche. Teilweise erleben wir auch Alltagssituationen, in denen wir uns fragen „wie wäre das jetzt eigentlich, wenn ich eine Behinderung hätte?“. So ist zum Beispiel unsere Folge zu barrierefreien Dating-Apps entstanden.

Wie genau läuft bei euch die Produktion des Podcast ab?

  • Grundsätzlich gibt es den folgenden Ablauf: Zunächst überlegt sich das Teammitglied, welches Thema es behandeln möchte und spricht den potenziellen Podcast-Gast an. Wir bereiten unsere Interviews immer vor und stellen uns genau auf unsere Gäste ein, damit wir die richtigen und spannenden Fragen stellen können. Das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, da wir zu den Themen meist viel recherchieren. Das Interview wird dann je nach Situation persönlich vor Ort oder über das Internet aufgenommen. Danach geht es ans Schneiden des Audio-Materials. Oft dauern die Interviews mehr als eine Stunde. Beim Schneiden werden Stellen, die für den Podcast vielleicht doch nicht ganz so relevant sind, oder Stellen, bei denen Informationen doppelt auftauchen, gekürzt, um die Hörerinnen und Hörer nicht zu überfrachten. Und das ist gar nicht so einfach – denn meist erscheint uns alles wichtig… Für die Veröffentlichung verfassen wir immer noch einen Blog-Artikel für unsere Website, in dem dann meistens die Informationen zu finden sind, die wir rausgeschnitten haben. Und ganz wichtig: Wir möchten den Podcast auch für Menschen mit einer Höreinschränkung zugänglich machen und transkribieren jede Folge. Wenn das alles fertig ist, wird veröffentlicht.

In Zukunft produziert ihr auch einige Podcasts gemeinsam mit dem dzb lesen, die speziell Themen des Zentrums zum Inhalt haben. Kannst du uns mehr über diese Kooperation verraten?

  • „SICHTBAR – Der Podcast“ wird zukünftig unter der Flagge von HörMal Audiodeskription und dem dzb lesen zu hören sein. Wir freuen uns sehr, das dzb lesen als Kooperationspartner für SICHTBAR gefunden zu haben. Wir sind seit langer Zeit sehr freundschaftlich verbunden, da wir im Grunde dieselben Werte und Ziele haben. Wir finden es sehr zielführend, gemeinsam an Dingen zu arbeiten, die wir voranbringen wollen und können so gegenseitig voneinander lernen und profitieren. Zusätzlich zu unseren regulären Folgen wird es vier Folgen unter dem Motto „dzb lesen – spezial“ geben, in denen wir Themen rund um das dzb lesen genauer beleuchten. Darüber werden wir aber noch nicht zu viel verraten, damit es spannend bleibt! Nur so viel, der erste Podcast „dzb lesen – spezial“ wird am 27.05. erscheinen.

Für alle die, die der SICHTBAR-Podcast interessiert, wo kann man ihn hören?

  • Einfach gesagt: Überall dort, wo es Podcasts gibt! Auf den Plattformen einfach nur „SICHTBAR – Der Podcast“ eingeben, fertig. Das geht zum Beispiel über Spotify, die App „Podcasts“ auf dem iPhone, bei Deezer, Google Podcasts, amazon music und auch über unsere eigene Website www.hoermal-audio.org/sichtbar-der-podcast. Wir freuen uns immer über Rückmeldungen und Wünsche für neue Themen!
  • Vielen Dank, Tomke! Übrigens ist der Podcast auch über die Internetseite www.dzblesen.de/sichtbar zu erreichen.

In Aktion

Mit LEGO Steinen die Brailleschrift entdecken

Spielend die Brailleschrift lernen – das können blinde und sehbehinderte Kinder mit Hilfe der von der LEGO Stiftung entwickelten Braille-Steine. Das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen) ist Partner der LEGO Stiftung. Seit Sommer 2020 verteilt das dzb lesen die von der Stiftung bereitgestellten LEGO Braille-Sets kostenlos über ausgewählte Einrichtungen, Förderzentren, Blinden- und Sehbehinderten-Schulen an blinde und sehbehinderte Kinder. Zudem unterstützt es die LEGO Stiftung bei der Vermittlung des pädagogischen Konzepts. Ein Beitrag von Gabi Schulze

Kinder lernen am besten im Spiel. Die kleinen bunten LEGO-Steine kennt jedes Kind. Damit kann es Häuser, Türme und Figuren bauen. Vor einigen Jahren hat die LEGO Stiftung mit Unterstützung von Braille-Experten Braille-Steine konzipiert. Diese haben nicht wie gewohnt parallel angeordnete runde Noppen zum Stapeln und Bauen, sondern das Sechs-Punkte-System der Brailleschrift. Die Braille-Steine sollen blinden und sehbehinderten Kindern helfen, die Brailleschrift im Spiel zu erlernen – und das auch gemeinsam mit sehenden Kindern. Dieses spielerische und integrative Konzept begeistert sowohl Eltern und Kinder, als auch Pädagogen und Erzieher.

Die Idee zu den LEGO Braille-Steinen wurde von der Danish Association of the Blind 2011 an die LEGO Gruppe herangetragen. Aber auch andere Blindenverbände aus Brasilien, Dänemark, Großbritannien und Norwegen engagierten sich für diese Innovation.

Spielideen für Leseanfänger und Fortgeschrittene

Tastbare Noppen auf der Oberseite der Braille-Steine geben die Buchstaben und Zahlen des Braille-Alphabets wieder. Zusätzlich sind die Steine mit Buchstaben, Zahlen und Symbolen bedruckt. „Das Set enthält 300 Braille-Steine, die das gesamte Alphabet, die Zahlen 0 bis 9 sowie ausgewählte mathematische Symbole und Interpunktionszeichen abdecken“, erklärt Caroline Schürer. Sie und Claudia Preuß vom dzb lesen sind die Ansprechpartnerinnen für das Projekt in Deutschland. Beide organisieren die Verteilung der Braille-Boxen an Förderschulen und -zentren. Jetzt unterstützen sie die LEGO-Stiftung in Deutschland mit Online-Seminaren, in denen sie das pädagogische Konzept und praktische Übungen mit den Braille-Steinen vorstellen. „Eigentlich waren Schulungen vor Ort vorgesehen“, erzählt Claudia Preuß. „Doch dann kam Corona und wir haben aus der Not eine Tugend machen müssen. In unseren Online-Seminaren per Video stellen wir seitdem die Braille-Box vor, geben Interessierten Tipps für den Einsatz der Braille-Steine. Wir zeigen verschiedene Spiele-Varianten für Anfänger und Fortgeschrittene auf.“ Die Seminare richten sich vor allem an Pädagoginnen und Pädagogen der Förderschulen und -zentren, der Frühförderung und der inklusiven Schulen und Kindergärten. Claudia Preuß und Caroline Schürer haben die Spiele-Anregungen aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt und zeigen in ihren Online-Seminaren, wie vielseitig die Braille-Steine eingesetzt werden können. Vorschulkinder und Lese-Anfänger, die kaum Braille-Kenntnisse besitzen, entdecken die Braille-Steine tastend mit den Händen: bauen Türme, positionieren sie unterschiedlich auf der Grundplatte, erkunden, wie viele Punkte auf den Steinen sind und lernen das jeweilige Braille-Zeichen dazu. So kommen sie schon im Vorschulalter mit der Brailleschrift in Berührung. Für Fortgeschrittene, die das Brailleschrift-Alphabet kennen, gibt es Spiele, die zum Rechnen und Lesen motivieren: Zum Beispiel werden Braille-Steine mit gleichen Buchstaben zu Türmen gebaut. Oder die Braille-Steine müssen so aufeinandergesetzt werden, dass die Zahlen 0 bis 9 in der richtigen Reihenfolge erscheinen.

„Kekse verzieren“ oder „Raupen füttern“

In ihren Online-Seminaren suchen Claudia Preuß und Caroline Schürer den Kontakt zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Deren Feedback ist größtenteils positiv. Die Sozialpädagogin Linda Schuster in der Frühförderstelle der blista in Marburg betreut ein sechs Jahre altes geburtsblindes Kind. Sie hat am Online-Seminar des dzb lesen teilgenommen und meint: „Mit den Spiele-Anregungen für Leseanfänger machen die Braille-Steine jetzt mehr Spaß und sind als Vorübung für das Erlernen der Brailleschrift sehr geeignet. Wir haben die Braille-Box noch nicht lange, spielen aber mit viel Freude.“ Wünschen würde sie sich jedoch noch einen Stein mit der Grundform der Brailleschrift, also der Darstellung der zwei mal drei Punkte.

Auch Katja Hemmers von der Irisschule in Münster hat erste Erfahrungen mit der Braille-Box gemacht. Im Online-Seminar erzählt sie, dass sie ein vierjähriges blindes Mädchen fördert. Einige Spiele-Ideen kamen sehr gut an, wie zum Beispiel „Kekse verzieren“. Hier soll ein großer Keks (Grundplatte) mit Schokoladenstücken (Braille-Steine) verziert werden. Das Kind muss nicht nur die Grundplatte erkunden, sondern die Steine so stecken, dass sie auf der gesamten Platte verteilt sind und sich nicht berühren. Immer wieder geht es um phantasievolle Spiele-Ideen: Aus Steinen werden Apfelbäume, deren Äpfel gezählt, Raupen, die gefüttert, Buchstaben-Türme und Zäune, die gebaut werden.

Reger Erfahrungstausch ist wichtig

Martina Blauhut, Ergotherapeutin und Frühförderin, hat sich die Braille-Steine besorgt, weil sie auch ab und zu blinde Kinder bis sechs Jahre betreut. „Die Spiele-Anleitung finde ich ganz gut. Nur fehlen mir für die praktische Umsetzung zurzeit die Kinder“, meint sie. „Was vor allem der Pandemie geschuldet ist. Unsere Erfahrung ist auch, dass es den Kindern im Vorschulalter schlecht gelingt, die großen Punkte der Braille-Steine auf die viel kleineren Braille-Punkte zu transferieren.“ Eine Erfahrung, von der auch einige andere Pädagogen sprachen. Deshalb empfehlen Experten, dass die Braille-Steine bei geburtsblinden Kindern erst zum Einsatz kommen sollten, wenn sich bei ihnen die Position der Punkte schon eingeprägt hat. Bei sehbehinderten Kindern machen sie von Anfang an Sinn. „Die Steine sind für eine gewisse Zeit im Prozess des Lesenlernens einsetzbar. Sie sind ein unterstützendes Element – niemand wird nur mit Hilfe der Steine die Brailleschrift erlernen“, argumentiert auch Caroline Schürer. Sie und ihre Kollegin Claudia Preuß motivieren die Pädagoginnen und Pädagogen, die Braille-Steine im Unterricht einzusetzen und freuen sich über einen regen Erfahrungsaustausch mit ihnen.

Porträt

Ich kann’s ja mal probieren

Die Telefonnummer 03417113 145 ist vielen unserer Nutzerinnen und Nutzern bekannt. Bis Ende Mai meldete sich unter dieser Nummer Ulrich Jander, technischer Berater des dzb lesen. Wir verabschieden ihn in seinen wohlverdienten Ruhestand. Ein Beitrag von Gabi Schulze

Wenn Ulrich Jander spricht, dann besonnen und wohlüberlegt. Er ist ein Mensch, den nichts aus der Ruhe bringt. Ein Gemütsmensch, der mit einem Schmunzeln im Gesicht Gelassenheit ausstrahlt. Computertechnik habe ihn schon immer fasziniert. „Alles was mit elektronischen Geräten und Kommunikationstechnik zu tun hat, begeistert mich“, sagt er. Vor 22 Jahren bot sich ihm die Gelegenheit, sein Hobby zum Beruf zu machen. Das war 1999. Ulrich Jander hatte gerade sein zweijähriges Ergänzungsstudium als wissenschaftlicher Dokumentar erfolgreich an der Fachhochschule Potsdam abgeschlossen, als ihm der heutige Direktor des dzb lesen, Prof. Dr. Thomas Kahlisch, anbot, als technischer Berater den Leipziger Online-Unterstützungs- und Informationsservice, kurz LOUIS, aufzubauen.
Während seines Studiums arbeitete Ulrich Jander als Praktikant in den Archiven des Öffentlich-rechtlichen Hörfunks, in Mainz beim Südwest-Rundfunk und in Leipzig beim MDR. Das traf sich gut, denn vom MDR in der Springerstraße war es nicht weit bis zur DZB in der Gustav-Adolf-Straße, die er bald öfter besuchte. Denn hier bekam der Student die Möglichkeit, seine Abschlussarbeit zum Thema DAISY-Hörbücher zu schreiben. „Nach dem Studium bewarb ich mich zunächst als wissenschaftlicher Dokumentar beim MDR, bekam aber eine Absage. Ich dachte mir, warum soll ich das Angebot von Thomas Kahlisch nicht annehmen? Ich kann’s ja mal probieren“, erinnert sich Ulrich Jander. „Ganz ehrlich, meine Entscheidung vor 22 Jahren in der DZB anzufangen, habe ich bis auf den heutigen Tag nie bereut.“

Aus dem Vogtland an die Pleiße

Er zog mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern aus Netzschkau bei Plauen nach Leipzig. Das war keine leichte Entscheidung, denn Ulrich Jander liebt seinen Heimatort. Hier ist er aufgewachsen und hat 15 Jahre als Jurist gearbeitet. Wer in sein Arbeitszimmer kommt, dem fällt sofort ein großes Bild an der Wand auf. Es zeigt die größte Ziegelstein-​Brücke der Welt mit insgesamt 98 Bögen, die Göltzschtalbrücke, das Wahrzeichen Vogtlands. Doch auch Leipzig kreuzte des Öfteren seinen Lebensweg. Das erste Mal als der Späterblindete die Augenklinik der Universität Leipzig besuchen musste. Als junger Mann studierte er ab 1975 an der damaligen Karl-Marx-Universität Rechtswissenschaft und schloss das Studium 1979 als Diplom-Jurist ab. Nach der Wende kam er wieder nach Leipzig. Von seiner Firma, die kältetechnische Anlagen produzierte und in der er als Jurist arbeitete, bekam er 1994 die Kündigung. Im Datenverarbeitungszentrum in Leipzig absolvierte er daraufhin eine computertechnische Grundausbildung. „Die Ausbildung war sehr intensiv. Ich wurde mit sechs anderen blinden Menschen in die Anfänge der Computertechnik eingeführt“, erzählt Ulrich Jander. „Alles unter MS DOS, Windows spielte noch keine Rolle.“

Vor zwanzig Jahren die DAISY-Technik – heute der Download

Für den technischen Beratungsdienst sollte sich diese Ausbildung als sehr nützlich erweisen. Ulrich Jander beriet am Anfang seiner Tätigkeit blinde und sehbehinderte Menschen, die Fragen zur Nutzung ihres Computers hatten. Als die DAISY-Hörbuch-Ausleihe 2001 eingeführt wurde, liefen die Telefone heiß und er hatte alle Hände voll zu tun. Er erklärte die DAISY-Technologie und informierte, welche DAISY-Geräte wie zu bedienen sind. Zu etwa gleicher Zeit kamen die ersten Mobiltelefone mit Sprachunterstützung auf den Markt. „Das Handy hatte ein ganz bestimmtes Betriebssystem und es musste zusätzlich eine Software installiert werden“, erinnert sich Ulrich Jander. „Dann kam das iPhone und auch das entwickelte sich weiter.“ Egal welche Technik, ob Telefone oder Handys, Abspiel- oder Aufnahmesoftware, Braille-Notizgeräte mit synthetischer Sprachausgabe oder Fernsehgeräte mit Audiodeskription, bis hin zu Smartphonen und Alexa Skills von Amazon – die schnelle technische Entwicklung erforderte stets auch eine fortlaufende Qualifizierung des Beraters. „Ich informierte mich im Internet und nutzte die Auftritte von Hilfsmittelanbietern. Mailinglisten halfen mir bei der Fortbildung“, erzählt Ulrich Jander. Wer ihn in seinem Büro besucht, entdeckt die verschiedensten DAISY-Abspielgeräte. Auch ein großer Fernsehbildschirm fand dort seinen Platz. Um technische Anfragen zur Bedienung beantworten und Probleme klären zu können, muss er die Geräte selbst genutzt und getestet haben. „Was vor zwanzig Jahren die DAISY-Technik war, ist heute der Download der Hörbücher, der in den Fokus meiner Beratertätigkeit gerückt ist“, meint Ulrich Jander rückblickend.

Ein Staffelstab, der nun weitergegeben wird

Nach Problemlösungen ganz anderer Art suchte er auch in seiner 13-jährigen Tätigkeit im Personalrat, davon acht Jahre als Personalratsvorsitzender. Er engagierte sich für die sozialen Belange der Belegschaft und wirkte auch hier schlichtend und beratend.
Auf die Frage, was ihm bei seiner Arbeit am meisten Freude bereitet, überlegt er nicht lange: Es sei der Kontakt zu den Menschen, die seine Hilfe brauchen, die mit ihren technischen Problemen zu ihm kommen. Für sie sucht er nach Lösungen, erklärt die Bedienung von Geräten und informiert über aktuelle Software.
Die Gespräche mit den Nutzerinnen und Nutzern sind es auch, die er im Ruhestand vor allem vermissen wird. Mittlerweile jedoch freut sich Ulrich Jander auf sein Rentner-Dasein: „Nach all den Jahren ist es auch mal gut, wenn ich den Staffelstab weitergeben kann.“ Diesen erhalten ab Juni 2021 sein Kollege Erol Sakinc und seine beiden Kolleginnen Susanne Siems und Liane Völlger im Beratungsdienst LOUIS. Bange, dass sie seine Aufgaben nicht übernehmen könnten, ist ihm nicht. Optimistisch ist er ebenso, wenn er an die Zukunft des dzb lesen denkt. „Ich hoffe und wünsche, dass auch weiterhin positiv von der Einrichtung geredet wird und das breite Angebot, das das Haus ausmacht, bestehen bleibt, denn auf mehreren Standbeinen lässt es sich besser stehen“, meint Ulrich Jander und dann äußert er noch eine Bitte: „Vernachlässigt mir die Brailleschrift nicht!“

Wenn sein Wecker nicht mehr um Sieben klingeln wird, möchte Ulrich Jander auf jeden Fall wieder mehr Braillebücher lesen, egal ob im Papierformat oder zukünftig als Datei auf dem Rechner. So sieht er sich schon im Sommer mit einem spannenden Buch bequem auf seinem Balkon sitzen. Und dann gibt es ja noch das eine oder andere Notebook, Tablet, neue Laptops, Amazon Skills und Smartphones, mit denen er sich beschäftigen kann …

Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des dzb lesen, wünschen ihm beste Gesundheit, immer ein gutes Buch zur Hand, weiterhin großes Interesse an technischen Dingen und alles erdenklich Gute auf seinem weiteren Lebensweg.

Vorgestellt

Die Mitglieder des Verwaltungsrates des dzb lesen

Der Verwaltungsrat überwacht und berät die Geschäftsführung des dzb lesen und ist in Entscheidungen des Hauses von grundlegender Bedeutung eingebunden. Wer sind seine Mitglieder und in welchen Bereichen arbeiten sie? In dieser und den kommenden Ausgaben stellen wir sie vor.

Charlotte Bauer (stellv. Direktorin der Universitätsbibliothek Leipzig)

Was meinen Sie ist das Besondere an der Universitätsbibliothek Leipzig?

Zunächst einmal das Alter. Die Universitätsbibliothek Leipzig (UBL) wurde 1543 gegründet und ist damit die zweitälteste Universitätsbibliothek Deutschlands. Sie gehört zu den fünf bedeutenden Altbestandsbibliotheken Deutschlands. Der nächste Punkt sind ihre Gebäude. In den letzten 20 Jahren hatten wir das große Glück, für verschiedene Standorte wunderbare Neu- bzw. Umbauten zu erhalten. Der schönste Standort ist natürlich die Bibliotheca Albertina. Aber auch die Neubauten, wie z.B. die Campus-Bibliothek am Augustusplatz, die Bibliothek Medizin/Naturwissenschaften in der Liebigstraße oder die Bibliothek Regionalwissenschaften in der Schillerstraße bieten großartige Arbeitsmöglichkeiten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Entwicklung der UBL zu einer Forschungsbibliothek. Das zeigt sich in sehr vielen Drittmittelprojekten zur Erschließung und Digitalisierung unserer Bestände, aber auch in einem relativ einmaligen Ausstellungs- und Kulturprogramm, was von den Leipzigerinnen und Leipzigern sehr gern angenommen wird.
Last but not least haben wir in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um den digitalen Wandel aktiv zu gestalten. Wir vertreten eine Open Source Policy, d.h. wir entwickeln in enger Kooperation mit anderen Bibliotheken etliche wichtige bibliothekarische Infrastrukturen selbst. Als Beispiele seien genannt unser Katalog, den wir für viele sächsische Bibliotheken entwickelt haben und betreiben oder unsere Mitwirkung an der Entwicklung eines Bibliotheksmanagementsystems auf Open Source Basis.

Welche Schätze sind in der Hauptbibliothek, der “Bibliotheca Albertina“ zu finden?

Wie ich schon erwähnte, gehört die UBL zu den fünf bedeutenden Altbestandsbibliotheken Deutschlands. Ich kann nur einige der herausragendsten Stücke benennen:

Papyrus Ebers – Der Papyrus Ebers stammt aus dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts vor Christus und ist damit 3.500 Jahre alt. Er ist die längste, schönste, wichtigste und einzig komplett überlieferte Papyrusrolle zur Heilkunde Ägyptens.

Codex Sinaiticus, der die älteste vollständig erhaltene Abschrift des Neuen Testaments darstellt. Der Codex entstand in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts und besteht aus 407 Blättern. Davon befinden sich 43 seit 1844 in der UBL. Die anderen Blätter befinden sich in der British Library (347), in der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg (5) bzw. im Katharinenkloster auf dem Sinai (12).

Heliandfragment – das bedeutendste Zeugnis altsächsischer Literatur aus dem 9. Jahrhundert.

Leipziger Machsor – die zweibändige Prachthandschrift mit Gebeten und Lesungen für die jüdischen Feiertage gilt als die schönste ihrer Art. Sie entstand ca. 1310.

Sie sind Übersetzerin. Wie kam es dazu, dass Sie noch einmal etwas anderes studierten und später Vize-Direktorin der Universitätsbibliothek Leipzig wurden?

Ich begann meine berufliche Laufbahn als Dolmetscherin und Übersetzerin an der damaligen DHfK. Die Übersetzungsabteilung war Teil der Bibliothek. Da lag es nahe, dass ich im postgradualen Fernstudium auch noch Bibliothekswissenschaften studierte. Nach der Wende wurde die DHfK abgewickelt, die Bibliothek wurde Teil der Universitätsbibliothek, ich arbeitete dann als Leiterin der Bibliothek am Augustusplatz und bewarb mich 1999 erfolgreich auf die Stelle der Vizedirektorin.

Sie haben das Amt seit 1999 inne, was haben Sie seitdem erreicht? Und bereuen Sie irgendeine Ihrer Entscheidungen?

Das ist eine schwierige Frage. Ich habe jedenfalls nie bereut, Bibliothekarin geworden zu sein. Und was habe ich erreicht – da müsste man sicher eher fragen, was hat die UB erreicht. Denn wir arbeiten ja im Team und niemand kann sich Erfolge allein ans Revers heften. Ich selbst hatte das große Glück, etliche Neubauprojekte mit begleiten zu dürfen, der digitale Wandel stellt uns alle immer wieder vor neue Herausforderungen, was die Arbeit so unglaublich spannend macht.

Prof. Dr. Ulrich Nikolaus (Professor an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig)

Sie lehren an der HTWK Leipzig als Professor für Multimediales Publizieren und Kommunikationsdesign. Was muss man sich darunter vorstellen?

Multimediales Publizieren ist Veröffentlichung von Information auf unterschiedlichen Publikationskanälen – zum Beispiel im Print, Internet, als E-Book, auf dem Smartphone usw. Kommunikationsdesign ist die visuelle Umsetzung von Inhalten in eine entsprechende Form. Sie umfasst Typografie, Illustration, Fotografie, Webdesign, Multimedia usw.: zum Beispiel zur Informationsweitergabe (Zeitungen, Nachrichtenportale), zur Unterhaltung, zur Werbung usw.

In Ihrer Lehrtätigkeit behandeln Sie auch Themen wie Barrierefreiheit, wie z. B. die Verbesserung des barrierefreien Informationszugangs für elektronische Dokumente aller Art. Hier arbeiten Sie seit einigen Jahren eng mit dem dzb lesen zusammen. Welche Projekte gab bzw. gibt es?

Barrierefreiheit hat einen Bezug zu meiner Lehrveranstaltung »Electronic Publishing«, in der es um die Nutzung von Computertechnologie zur Informationsveröffentlichung geht, und zu »Interfacedesign«, in der es um die Gestaltung von Bedienoberflächen aller Art geht. Natürlich sollten sowohl alle Publikationen als auch alle Bediensysteme idealerweise nutzbar für alle sein.

Projekte mit dem dzb lesen gab es schon so viele, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann – aber hier vielleicht eine kleine Auswahl: Erstellung von Digital Talking Books mit DAISY 3.0, Erstellung von barrierefreien EPUB 3-Büchern auf Basis von DAISY 4.0, Möglichkeiten und Grenzen der automatisierten Erzeugung von Bildbeschreibungen für blinde und sehbehinderte Menschen, Erstellen von Großdruck-eBooks.

In Corona-Zeiten studieren und lehren heißt, die universitäre Lehre in den digitalen Raum zu verlagern. Wie funktioniert das an Ihrem Lehrstuhl?

Bei uns ist mittlerweile die gesamte Lehre digital umgestellt und wird über unsere Lernplattform OPAL sowie über diverse Videokonferenzsysteme durchgeführt. Auch Klausuren, Seminarvorträge und die Verteidigung von Abschlussarbeiten finden inzwischen digital statt.

Die Umarbeitung sämtlicher Lehrmaterialien in kurzer Zeit auf digitale Varianten war und ist eine große Herausforderung, aber die eigentliche Lehre läuft digital weitgehend reibungslos. Dabei kommt der Fakultät Informatik und Medien sicherlich zugute, dass die Studierenden technikaffin und computertechnisch gut ausgestattet sind. Infolgedessen sind die Studienergebnisse in Corona-Zeiten sogar teilweise leicht überdurchschnittlich im Vergleich zu früheren Jahren.

Gelesen und empfohlen

Lebenslektionen: Von den Bienen lernen

„Der Honigbus“ von Meredith May - empfohlen von Dr. Julia Dobroschke (Verlag/BIKOSAX)

Als Meredith fünf Jahre alt ist, trennen sich ihre Eltern. Ihr Bruder und sie wachsen seitdem bei den Großeltern auf. Die Mutter kann sich nicht mehr um die Kinder kümmern.

Einzig ihr Großvater findet einen Weg zu Meredith und ihrer Gefühlswelt: In einem ausrangierten und umgebauten Bus erzählt er dem Mädchen von den erstaunlichen Verhaltensweisen und Lebensbedingungen seiner Bienen. Meredith begeistert sich von der ersten Begegnung an für die Völker und ihre eindrucksvollen Regeln des Zusammenlebens. Allmählich findet sie so auch für sich Wege, Ordnung in ihre diffusen Ängste und Wünsche zu bringen.

Meredith May ist Imkerin in der fünften Generation. In ihrem Buch „Der Honigbus“ schreibt sie Gedanken und Nöte ihrer Kindheit nieder, ohne die faszinierenden Geschichten aus der Welt der Bienen außer Acht zu lassen. Als Journalistin und Publizistin gelingt es ihr – durch den leichten und zugleich fesselnden Stil – die gemeinsamen Lehren des Lebens aus der Sicht der Bienen und des Menschen eindrücklich zu zeichnen. Damit legt sie eine authentische Geschichte vor, die sich immer mal wieder zur Hand nehmen lässt, ohne dass sie an Aktualität verliert. Allenfalls hallt die innere Weisheit der Natur lange nach.

Meredith May: Der Honigbus
4 Bände, Kurzschrift, Ausleihe 19520

Ein Krimi – unberechenbar wie ein wildgewordener Ochse

„Oxen“ von Jens Henrik Jensen - empfohlen von Ludwig Henne (Förderverein „Freunde des barrierefreien Lesens“ e. V.)

Krimis standen bisher nicht auf meiner Lesewunschliste – schlecht geschrieben, selten spannend und am Ende ist es doch immer der Gärtner. Meine Leseliste ist sowieso viel zu lang, da wollte ich meine Zeit nicht mit Krimis verschwenden. Ein Fehler, wie ich mehr und mehr feststellen muss. Erstmals hat mich Stig Larssons Millennium-Trilogie in ihren Bann gezogen und ich dachte: Huch, das ist ja wahnsinnig spannend und auch noch toll geschrieben. Und nun habe ich die Lockdown-Polka genutzt, um mich in die Welt des „Danehofs“ und in das zerrüttete Hirn des Kriegsveteranen Niels Oxen zu verkriechen. Oxen gerät unabsichtlich in eine Mordserie rund um einen mysteriösen Geheimbund, der die dänische Gesellschaft seit vielen Jahrzehnten lenkt.

Dieser dänische Vierteiler ist wirklich eine Reise wert, da das Thema spannend und aktuell ist, die Protagonisten gut ausgeleuchtet werden und die gesamte Geschichte sehr vielseitig und durchaus komplex aufgebaut ist. Am Ende ist es hier eben nicht der Gärtner. Und wer denkt, die Geschichte ist nach dem dritten Teil zu Ende, dem sei der vierte Teil wärmstens empfohlen, denn dort dreht der Autor Jens Henrik Jensen noch einmal richtig auf und erzeugt schwitzige Hände. Noch ein Tipp: Bevor Sie diesen Krimi beginnen, sollten Sie ihren Liebsten Bescheid geben, dass Sie die nächsten Tage und Wochen nicht zur Verfügung stehen.

Jens Henrik Jensen: Oxen – das erste Opfer
DAISY-Fassung eines kommerziellen Hörbuchs, ungekürzte Lesung
CD-DAISY (13:31 h), Ausleihe 49755

Weitere Titel der Reihe:
Oxen – der dunkle Mann, Ausleihe 49756
Oxen – gefrorene Flammen, Ausleihe 49757
Oxen – Lupus, Ausleihe 50965

Technik getestet

Neuerungen beim Alexa-Skill

Ein Beitrag von Susanne Siems

Wenn Sie die Hörbücher aus dem dzb lesen mit dem Alexa-Skill hören, haben Sie vielleicht seit einigen Tagen eine Veränderung bemerkt. Nach der Aufforderung „Alexa, starte dzb“ antwortet die freundliche Alexa-Stimme „Willkommen bei dzb lesen“. Doch nicht nur die Begrüßung ist anders. Es gibt jetzt eine Menge mehr Möglichkeiten, Hörbücher, Hörfilme und abonnierte Zeitschriften des dzb lesen über den Skill zu hören. Seit 4. Mai 2021 ist es möglich, im Hörbuchkatalog zu stöbern, Bücher auszuleihen, zurückzugeben und natürlich auch wie bisher zu hören. Auch das Hörfilmangebot ist recherchier- und ausleihbar.
Das Angebot ist für all jene geeignet, die die Vorteile des Downloads von Hörbüchern genießen möchten, ohne den PC oder eine App zu benutzen. Der Alexa-Skill ist komplett über Sprachbefehle steuerbar. Ein WLAN-Netz muss vorhanden sein, aber lediglich zum Einrichten des Gerätes ist ein Smartphone erforderlich.

Hörbuchnutzer, die bereits über den Skill ihre Bücher gehört haben, müssen sich geringfügig umstellen. Es bietet sich in jedem Fall an, einmal die Hilfe zu hören. Wichtig sind bei der Sprachsteuerung der Künstlichen Intelligenz Alexa immer die richtigen Befehle. So sollte man z. B. in der Mediathek nach dem Befehl „Lies mir ein Buch vor“ nicht mit „Starte Titel 1“ fortfahren, sondern nur die „1“ als Zahl nennen. Eine sehr schöne neue Funktion, die ich bisher immer vermisst habe, heißt “Was höre ich gerade?“. Damit wird die Position angesagt, an der man sich im aktuellen Buch befindet.

Neue benutzerfreundliche Sprachbefehle

Sie können über „Alexa, starte dzb und öffne Katalogsuche“ sofort in den Katalog springen und nach Autor oder Titel suchen. Dann können Sie eine Hörprobe anspielen, den Titel gleich ausleihen oder Details zum Titel, z. B. eine Inhaltsangabe, abfragen. Mit „Alexa, starte dzb und öffne Empfehlungen“ werden Ihnen regelmäßig fünf Rubriken mit aktuellen Buchtipps angeboten. Es gibt fünf Rubriken: Romane, Krimis, Sachbücher, Junge Leser, dzb lesen Tipps. Auch hier können Sie sich gleich einen Titel Ihrer Wahl ausleihen. Haben Sie bereits fünf Titel auf Ihrem Konto, geben Sie einfach einen Titel zurück. Möchten Sie am nächsten Tag Ihr zuletzt gehörtes Buch weiterhören, sagen Sie „Alexa, starte dzb“, nach der Begrüßung im Skill einfach „Fortsetzen“ sagen, schon können Sie dort weiterhören, wo Sie vorher aufgehört haben.

Ein Tipp vielleicht noch für all diejenigen, die auch unsere App nutzen: Das Navigieren im Hörbuch über längere Abschnitte ist mit Alexa oft nicht so komfortabel. Ich navigiere dann über die App an die richtige Stelle und lass das von Alexa synchronisieren. Meist klappt es.

Mein Fazit: Am Anfang muss man sich, wenn man den „alten“ Alexa-Skill gewohnt ist, etwas umgewöhnen, so ist das ja immer mit neuen Dingen. Aber das Lernen geht schnell und es gibt viele Vorteile in der neuen Version. Wir vom Team LOUIS helfen Ihnen gern! Bei Fragen sind Herr Sakinc, Frau Völlger und ich gern für Sie da.

Viel Spaß beim Hören wünscht Susanne Siems!

Fragebogen

Sechs Fragen – sechs Antworten

Mitarbeiter, Partner, auch Freunde des dzb lesen antworten auf unsere Fragen. Diesmal: Jana Weber (Assistenz der Geschäftsführung)

Was ist Ihre Aufgabe im dzb lesen?

Ich bin die Assistentin von Prof. Dr. Thomas Kahlisch, dem Direktor des dzb lesen. Das heißt, ich bereite Dokumente barrierefrei auf, gestalte Präsentationen und andere Formate, unterstütze bei Vorträgen und Lehrveranstaltungen.

Welche Arbeit haben Sie gerade auf dem Tisch?

Gerade habe ich das Seminar zur barrierefreien Mediengestaltung, das wir jedes Jahr für die Studierenden der Universität Leipzig anbieten, per Zoom betreut.

In meiner Freizeit beschäftige ich mich am liebsten mit …

…im Moment hauptsächlich mit Büchern, (gedruckten) Zeitungen und Zeitschriften und, ich gebe es zu, mit Netflix …

Welche drei Dinge würden Sie auf eine Insel mitnehmen?

Ein Tablet inklusive Strom, einen Ventilator und gute Schuhe.

Haben Sie ein Buch, das Sie empfehlen können?

„Ich würde so etwas nie ohne Lippenstift lesen“ von Michaela Karl (Hörbuch-Ausleihe 48659). Das ist eine Biographie über Maeve Brennan, die (angeblich) Vorbild für Holly Golightly aus Truman Capotes „Frühstück bei Tiffanys“ war – und eigentlich alles von Laurie Penny.

Ihr Lebensmotto?

Wird schon irgendwie klappen!

Rätsel

Machen Sie mit und gewinnen Sie!

Wir wollen wissen: Wie heißt das Hörbuch in einfacher Sprache, in dem es um einen großen Wal und dessen Walfänger geht?

Schicken Sie Ihre Antwort bis 13. August 2021 per E-Mail (presse@dzblesen.de) oder per Post an: dzb lesen, Kennwort: Rätsel „in puncto dzb lesen“, Gustav-Adolf-Straße 7, 04105 Leipzig.

Das können Sie gewinnen: einen Taschenkalender 2022 in Kurz- oder Vollschrift.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des dzb lesen können nicht teilnehmen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Auflösung aus 1/2021

Die richtige Antwort lautet: Die Hexer-Saga

Die glückliche Gewinnerin heißt: Kornelia Faber. Herzlichen Glückwunsch!

Impressum

Herausgeber, Herstellung, Vertrieb

Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen)

Gustav-Adolf-Straße 7, 04105 Leipzig

Telefon: 0341 7113-0, Fax: 0341 7113-125

info@dzblesen.de, www.dzblesen.de

Redaktion

Gabi Schulze

Telefon: 0341 7113-148

g.schulze@dzblesen.de

Abonnements, Anzeigen

Telefon: 0341 7113-120

abo@dzblesen.de

„in puncto dzb lesen“ wird im Format HTML per E-Mail viermal im Jahr kostenfrei versandt und online unter www.dzblesen.de veröffentlicht. Kostenpflichtig erscheint die Zeitschrift wahlweise im Format DAISY als CD oder zum Download (dzb lesen-App und -Katalog) sowie in Blindenkurzschrift zu einem Jahresbezugspreis von 9 €. Das kostenpflichtige Abonnement gilt jeweils für ein Jahr ab Bezugsbeginn und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn es nicht spätestens mit einer Frist von drei Monaten vor Ablauf des Bezugszeitraums gekündigt wird. Es gelten die AGB des dzb lesen, die vollständig unter www.dzblesen.de/agb einsehbar sind. Auf Wunsch senden wir die AGB gern zu.

dzb lesen 2021

Danke Freunde!

dzb lesen wird unterstützt vom Förderverein „Freunde des barrierefreien Lesens e.V.“

Alle Infos: www.barrierefreies-lesen.de

Spendenkonto: Sparkasse Leipzig

IBAN: DE44 8605 5592 1100 8300 10

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